HEIMATGEDANKEN UND BANKÜBERFÄLLE


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Als ich heuer den nadelnden Weihnachtsbaum abschmückte, hielt ich jede einzelne Kugel bedeutungsschwanger in den Händen. “Unter welchem Dach werde ich wohl diese Sachen nächste Weihnachten wieder auspacken“, dachte ich und legte die Schätze sachte in den Umzugskarton. Besser, ich finde mich damit ab, dass von nun an so einiges gleich “umzugsgerecht” verpackt werden muss.

Wir ziehen weiter. Nach elf Jahren Nomadenleben geht’s zurück nach Hause. Zurück in die Heimat, zu unseren Familien und Freunden. Und das wird wunderschön. Trotzdem bin ich schwer, denn ich kann mir im Moment überhaupt gar nichts Heimatlicheres vorstellen als da, wo ich jetzt gerade bin.
Wir wussten, dass unsere “Draussen-Zeit” begrenzt ist. Mein Kopf hat’s gewusst, aber ehrlich, was nützt mir mein Kopf, wenn das Herz verwurzelt ist im Hier und Jetzt? Und es zudem immer das letzte Wort hat?

Nun sitze ich am Fenster, denke an meine Kinder, die hier zu Hause, aufgehoben und wohl sind und an die schönen Erlebnisse, die bald schon zu Erinnerungen werden. Ungebremst ins Januarloch, sozusagen…

Glücklicherweise kommt da mein Sohn angeschlichen. Er mag es, mich anzuschleichen, und obwohl er überhaupt gar nicht leise schleichen kann – mit Schuhgrösse 38 ist das wahrscheinlich auch nicht ganz einfach -, tu ich manchmal so, als hörte ich ihn nicht. Er steht also hinter mir und sagt: 
“Jemand hat die Bank überfallen, ich brauche deine Fingerabdrücke.“
Oje, auch das noch. Halunken im Haus.
“Was tust du hier?” fragt mich der Detektiv eindringlich.
Ich: “Ich hab die Bank nicht ausgeraubt. Ehrenwort. Ich sitze nur da, schau aus dem Fenster und denke nach.”
Er, beschäftigt in seinem Detektivkoffer rumfingernd: “Über was denkst du nach?”
Ich: “Darüber, wo zuhause ist.”
Ziemlich unsanft drückt der Agent meinen Daumen erst aufs saftige Stempelkissen und dann in sein Agentenbuch. Mein Daumen rutscht auf dem Papier hin und her, dann erscheint ein riesiger schwarzer Klecks, unförmig und total undefiniert. Wir betrachten den schwarzen Fleck und sind beide etwas ratlos.
So frage ich: “Wo ist denn für dich zuhause?”
Er, wie aus der Detektivenpistole geschossen: “Da wo ihr seid. Du und Papa und die Kleine.” Dann erblickt er die schlafende Katze auf dem Sofa und hechtet lachend neben sie. Zärtlich streicht er dem verdatterten Tier über den Kopf und sagt: “Und natürlich da wo du bist, meine süsse Maite!”

Da war es also. Mein wunderbares Kind. Steht mit seinen grossen Füssen fest auf dem Boden und sieht glasklar. Das Zuhause ist da, wo die Menschen (und Katzen) sind, die man liebt. Ein sicherer Hafen, in dem in Liebe und Wärme von Herzen gerne zusammen gelebt wird.
Schade nur, dass ich beinahe verhaftet werden musste, um zur Erkenntnis zu kommen, dass es eigentlich ganz einfach ist. Und dass schwer sein unbeweglich macht und dies fürs Leben eher unpraktisch ist. Ich beschliesse, die wahren Worte meines Kindes über meine tausend Bedenken zu stellen, über die Unsicherheiten, meine Überforderung und die Sorgen, die ich mir mache. Schneidig nehme ich mir vor, dass es mir ein bisschen Wurst ist, wo ich nächstes Mal meinen Weihnachtskram aufhänge, denn wichtig ist tatsächlich nur, dass wir es alle gemeinsam tun.

Ich könnte mir vorstellen, dass mich vielleicht ab und zu der Mut verlässt und es mir auch nicht immer gelingen wird, die Leichtigkeit als ständige Begleitung durch die nächsten Monate zu wissen. Aber ich wünsche mir von Herzen, dass ich mich in zähen Momenten an den Worten des Detektivs meines Vertrauens festhalten kann. 
Es ist gut, auf seine Kinder zu hören. 

Januarloch-Kurve knapp nochmal gekratzt. Uff.

Von Herzen wünsche ich euch leichte, spannende und wunderschöne Januartage mit euren Liebsten. Habts fein und schön und wunderbar.
Alles Liebe, Sandra (mit dem tiefschwarzen, aber wenigstens unschuldigen Bankräuberdaumen)

Bitte drückt uns alle Daumen, damit wir schnell was Feines finden.
Ach ja, falls ihr wen wisst, der wen kennt, der vielleicht was weiss… Wir suchen eine gemütliche Bleibe in Winterthur:

 

 

Bildquellen: Stadtplan Winterthur: Wikimedia.org | Stadtplan Wien: bücher-ernst.com | Stadtplan Berlin: steffen.in-berlin | Stadtplan Zürich: pictures.abebooks.com 

4 thoughts on “HEIMATGEDANKEN UND BANKÜBERFÄLLE

  1. Ach Sandra, fühl dich umarmt und fest gedrückt – nur halte bitte den schwarzen Daumen recht weit weg. Ich verstehe dich so gut, ich liebe den Alltag, ohne Veränderung und ohne Tamtam, es soll immer so bleiben wie es in schönen Zeiten gerade ist, dennoch: der Detektiv hat natürlich recht, zuhause ist wo deine Kinder, M und Maite sind, alles andere hat in deinem Herzen Platz und sind Erinnerungen, die dir keiner nehmen kann. Aber ich verstehe dich nur zu gut. Ein bisschen detektiv’sche Leichtigkeit würde uns beide ganz gut tun.
    Ganz liebe Grüße nach Wien, Uli

    1. Liebste Uli
      Ja, diese Leichtigkeit… Zum Glück gehört die unseren Kindern und wenn wir ab und zu mal ein bisschen davon kosten stört das niemand. Es wird alles gut, solange wir getragen und aufgehoben sind.
      In diesem Sinne drücke ich dich von Herzen und freue mich, wenn wir uns bald mal wieder sehen.
      Alles, alles Liebe.

  2. Liebe Sandra
    Oh ich fühle mit Dir!
    Mit Kindern sind es ja eh die Momente, die zählen- ihr Heranwachsen fordert uns immer wieder auf loszulassen. All dies hält uns Eltern im besten Fall offen, flexibel und neugierig. Und gemeinsam unterwegs zu sein, verbindet auf ganz eigene Weise- das weisst Du ja. All die Erinnerungen die zeit- und ortsgebunden sind und daher sehr „eigen“ bleiben.
    Ich glaube daher fest daran, dass ihr „bestes“ Proviant für den nächsten Aufbruch habt. Grundsätzlich.

    Die Wiener haben auch uns „verzaubert“ und auch mir bereitet die Rückkehr in die Schweiz immer wieder Kopfzerbrechen… und daher war es so wohltuend Deine Zeilen zu lesen und deshalb wollte ich Dir unbedingt danken und schreiben.
    Ich wünsche Euch viel, viel, viel Glück bei der Suche, Vertrauen und Freude am Entdecken, Finden, Wiederfinden und Vorfinden!
    Hebed Sorg

    1. Liebste Catherine
      Ich freue mich sehr, von dir zu lesen. Vielen Dank für deine Worte und deine Wünsche für unsere Zukunft.
      Die Jahre “Draussen” waren eine total verrückte Zeit. Wir haben so viel erlebt und ich habe alles Schöne und Gute, all das Liebe und Besondere, das ich in den Jahren erleben durfte, sachte in meinem Herzen gesammelt, sodass wir es in unsere Heimat mitnehmen können und dort dann “auspacken”.
      Wir sind voller Glück, dass wir überhaupt die Möglichkeit hatten, andere Länder zu besuchen, ganz einzutauchen, Alltag zu leben und Freundschaften zu schliessen. Und auch wenn es manchmal ganz schön zäh, manchmal wahnsinnig einsam und auch anstrengend war; ich möchte die Zeit nicht missen.
      Was ich fest glaube, ist, dass wir in diesen Jahren zu einer grossartigen Rotte zusammengewachsen sind. Sicher auch, weil unser Familienleben fern ab der Heimat ein bisschen wie in einem schützenden Kokon stattfand. Ich fand das sehr schön, merke aber auch, dass meine Kinder Lust bekommen, diesen Kokon (wenigstens ab und zu…) zu verlassen. Sie wollen Zeit mit den Grosseltern verbringen, ihre Cousinen und Cousins treffen, wollen bei ihren Patentanten und Patenonkeln übernachten, Feuer im Wald machen und Kinder treffen, die, wie sie, Schweizerdeutsch sprechen; )
      Ich glaube, für die Mamas sind diese Schritte am aller schwersten.
      Ich wünsche euch von Herzen eine wunderbare Wienzeit, wir sollten uns bald mal treffen und ein bisschen quatschen.
      Mit liebsten Grüssen
      Sandra

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